Am 17.06.2021 gelangte die Mitte (EVP) mit der Motion 21.3779 « Datenlieferung an das BAG von Krankenversicherern in genauer, vollständiger und kostenloser Form » an den Nationalrat.
Die Krankenversicherer sollen verpflichtet werden, dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) diejenigen Daten, welche das Amt zur Nachverfolgung der Kosten und zur Kontrolle der obligatorischen Krankenversicherung benötigt, genau, vollständig und kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Mit dem Bundesgesetz vom 19. März 2021 über die Datenweitergabe der Versicherer in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Bundesblatt 2021 664) wurden die gesetzlichen Grundlagen so präzisiert, dass erweiterte Datenlieferungen möglich sein sollten. Bei der Verarbeitung dieser Daten sei das BAG auf die Firma SASIS AG angewiesen, die etablierte Kostenüberwachung jedoch nicht ausreichend effektiv, die Situation unbefriedigend.
Unabhängig von der erbrachten Dienstleisung ist jedoch schon vom Grundsatz her nicht klar, was überhaupt das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen ist. Einerseits stellt sich die Frage, wozu diese Daten dienen und anderseits ist davon auszugehen, dass die Lieferung aufgrund der auferlegten Verpflichtung ohnehin nicht kostenlos ist. Der in diesem Zusammenhang entstehende administrative Aufwand muss über die Verwaltungskosten, sprich die Prämien bezahlt werden, was in der Konsequenz einmal mehr den Versicherten resp. Patienten belastet. Die Datenlieferung ist per se fragwürdig. In keinem Fall aber sollte sie über Krankenversicherungsprämien finanziert werden, da es sich hierbei um Kopfprämien handelt, welche – im Gegensatz zu steuerbasierten Abgaben – unabhängig vom Einkommen sind und deren Erhebung für viele Personen deutlich ungerechter ausfällt.
Ebenfalls am 17.06.2021 wurde in diesem Zusammenhang die Interpellation 21.3782 «Datenlieferungsvertrag zwischen dem BAG und SASIS. Warum nimmt das BAG die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nicht wahr?» der freisinnig-demokratischen Partei (FDP) beim Nationalrat deponiert.
Seit anfangs 2008 bestehen Verträge zwischen dem BAG und dem Bundesamt für Statistik sowie mit der Santésuisse und anschliessend der SASIS AG, deren einziger Aktionär die Santésuisse ist. Allem Anschein nach verfügt das BAG also nicht über die notwendigen Ressourcen, um die Aufgaben im Zusammenhang mit der Lieferung der Daten der gesetzlichen Krankenversicherungen zu erfüllen. Folgende Fragen stehen im Raum: Warum wurden keine Budgetgelder zugunsten einer Übernahme der Aufgaben durch das BAG beantragt? Kann das BAG mit den an die SASIS AG entrichteten Geldern die Aufgabe nicht mit Erfahrung und Effizienz selbst erfüllen? Warum muss das BAG für die Datenbearbeitung bezahlen, wenn die Krankenversicherer diese Daten ja so oder so kostenlos in geeigneter Form übermitteln müssen?
Mit der Motion 21.3780 beantragt die FDP schliesslich konkret die «Kündigung des Vertrages zwischen der SASIS AG und dem BAG, um die Unparteilichkeit des Bundes zu gewährleisten und Interessenkonflikte im Gesundheitswesen zu vermeiden» resp. dass der Bundesrat die entsprechenden Massnahmen vornehme.
Es gilt zu berücksichtigen, dass die SASIS AG für die Erfüllung rein technischer Aufgaben mandatiert ist und die Voraussetzung der Neutralität grundsätzlich besser erfüllt als das BAG, welches einer politischen Agenda zu folgen hat. Das Problem des Aktionariats ist nicht mit einer weiteren staatlichen Regulierung zu lösen. Der Fokus muss darauf liegen, die Zusammenarbeit der Tarifpartner grundsätzlich zu verbessern.
Von einer weiteren Verstaatlichung ist deshalb abzusehen und der aktuelle Prozess der Datenlieferung vonseiten der Krankenversicherer beizubehalten. Wünschenswert – wenn nicht gar notwendig – wäre hingegen eine Verbesserung der Zusammenarbeit unter den Tarifpartnern.