In diesen Tagen erreicht Sie die Aufforderung des Bundesamtes für Statistik BFS, den MAS-Fragebogen auszufüllen, womit die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Eckdaten Ihrer Praxis durchleuchtet werden. Die Dermatologische Gesellschaft Ostschweiz gab beim Juristen lic. iur. M. Meier ein Gutachten mit der Frage in Auftrag, ob dies rechtens sei. Die Knacknuss dabei ist die Weitergabe der nicht anonymisierten Daten an das BAG, die Kantone, Versicherer und den Preisüberwacher (s. Grafik).
Ihr Gutachter kam zum Fazit, dass die Verordnung, auf der MARS/MAS beruht, dem übergeordneten KVG widerspricht. Aus dieser Optik ist das Ausfüllen des Fragebogens nicht zu empfehlen. Es müssen zuerst die offenen juristischen Fragen geklärt werden. Letztlich muss eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die auch die Rechte der Ärzteschaft berücksichtigt. Ärzte, die den Fragebogen trotzdem entgegen dem juristischen Rat ausfüllen, sollten sich aber auf das KVG beschränken und keine Gesamtdaten ihrer Praxis preisgeben. Der Fragebogen sollte dann ausgedruckt und per Post an das Bundesamt für Statistik gesendet werden (BFS, Statistiken der ambulanten Gesundheitsversorgung, Espace de l’Europe 10, 2010 Neuchâtel).
Laut Art. 23 KVG darf das BFS anonymisierte Statistiken zur Beurteilung von Funktion und Wirkung des KVG erheben. Diese Erhebungen werden aber neu auf den Art. 59a KVG angewendet, der die Aufsicht über Verstösse gegen Qualität und Wirtschaftlichkeit regelt. Das heisst, dass das BFS namentlich Statistiken über die Leistungserbringer erstellt und sie dann nicht anonymisiert an BAG, Versicherer, Kantone, den Preisüberwacher, etc. weiterleitet. Ihre Daten „in der Nähe einer groben Steuererklärung“ werden also in Zukunft veröffentlicht. So kann das Gesetz wohl nicht gemeint sein, da dies die Persönlichkeitsrechte der Ärzte und den Datenschutz verletzt. Zumal verlangt das BFS auf Grundlage des KVG nicht nur Daten, die das KVG betreffen, sondern auch Selbstzahler, VVG, UVG, MVG, etc. Das KVG darf aber keine Daten zu VVG, UVG, etc. einfordern.
Unbestritten hingegen ist, dass dem BFS KVG-bezogene Daten für statistische Zwecke geliefert werden müssen. Dazu muss aber erst die Grundlage in den Arztpraxen gelegt werden, um das KVG-Patientengut von Patienten mit z.B. kosmetischen Leistungen auseinander zu dividieren. Damit verknüpft sind auch Stellenprozente bei den MPA, der Teil der Medikamente von VVG, UVG, etc. Kann Ihre Praxissoftware das diskriminieren, oder muss das erst noch programmiert werden?
Unbestritten ist auch, dass die Ärzteschaft für Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen Hand bieten muss. Die bisherige Reglung, die Prüfungen den Krankenkassen zu überlassen, war sicher unglücklich. Die neue, missbräuchliche Interpretation von Art. 59a KVG kann aber auch nicht akzeptiert werden. Die FMH sollte darauf hinarbeiten, dass die Überprüfungen von einem gemeinsamen Gremium von Ärzten, Kassen und dem BAG durchgeführt werden und der Datenschutz gewährleistet bleibt.
Konsequenzen bei Nichtausfüllen von MARS
In der diesjährigen MAS-Erhebung ist laut unserem Gutachter keine Strafverfolgung für das Nichtausfüllen des Fragebogens geplant. Für zukünftige Erhebungen ist die rechtliche Situation sehr komplex und kann im Gutachten (ab S. 19) direkt nachgelesen werden.
Der Sekretär der SBV teilt grösstenteils die Ansichten des Gutachters. Tatsächlich wird erst ein Einzelfall, der bei einem Gericht anhängig gemacht wird, die Frage nach der genügenden gesetzlichen Grundlage beantworten. Damit besteht auch ein gewisses Prozessrisiko, welches das einzelne Mitglied tragen muss. Die Busse ist dabei ein überschaubares Risiko, die ganzen Umtriebe und allfällige verwaltungsrechtliche Sanktionen, welche heuer nicht angedroht sind, können wesentlich gravierender sein.
Die Tatsache, dass das Reglement noch nicht rechtskräftig ist und deshalb noch nicht voll zur Anwendung kommt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach der definitiven Inkraftsetzung andere Verhältnisse herrschen. Es ist nicht auszuschliessen, dass die erste Erhebung nun als Probelauf dient, um danach die Ärzteschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen mit dem Hinweis, es habe ja keine Probleme mit der Datenlieferung und -verarbeitung gegeben.
Die SBV fordert daher ihre Mitglieder auf, sich genau zu informieren und zu überlegen, ob und in welchem Ausmass Daten geliefert werden sollen.