Der Artikel von Birgit Voigt in der NZZ am Sonntag vom 20.11.2021 macht es deutlich: Das BAG und Bundesrat Alain Berset peilen auf leisen Sohlen aber mit grossen Schritten (siehe anstehende Geschäfte der Wintersession) einen Systemwechsel an: staatliche Stellen sollen zukünftig via Globalbudget die medizinischen Leistungen beschränken können.
Mit der Festsetzung einer planwirtschaftlichen jährlichen Obergrenze für die Gesundheitsausgaben würde die medizinische Versorgung rationiert. Bei ausgeschöpftem Budget müssten Ärztinnen und Ärzte die Behandlung ihrer Patientinnen aufschieben. Die Folge wäre eine Triage von Patienten, lange Wartelisten und – ironischerweise unter der Ägide der SP und im Widerspruch zur sozialdemokratischen Idee – die Einführung der Zweiklassenmedizin.
Das BAG und sein Gesundheitsminister nutzen aus, dass sich die Politiker mit dem Mantra der explodierenden Gesundheitskosten und steigenden, untragbaren Krankenkassenprämien bereits für die nächsten Parlamentswahlen positionieren, ohne konkrete Lösungen vorzuschlagen. Dabei ist die Bevölkerung mit der aktuellen medizinischen Versorgung zufrieden und schätzt die freie Wahl der Versicherungsmodelle.
Die Mitte-Partei hat die Kostenbremse-Initiative lanciert, welche Kostendämpfungsmassnahmen an die Entwicklung der Nominallöhne knüpft. Allerdings liefert der Vorstoss dem Staat das subsidiäre Recht auf seinen Eingriff geradezu auf dem Silbertablett, denn im Initiativtext heisst es, dass der Kostendeckel vom Bundesrat und den Kantonen festgelegt werden kann.
Auf den erwarteten Widerstand der Tarifpartner hat es der Bundesrat zielbewusst angelegt: werden sich Leistungserbringer und Krankenkassen nicht einig, wäre ein regelnder staatlicher Eingriff per Gesetz gerechtfertigt.
Obwohl das Pro-Kopf-Ausgabenwachstum im gebotenen Rahmen geblieben ist und ergo von einer Kostenexplosion nicht die Rede sein kann, werden im Bestreben des BAG die bisherigen Neuerungen und ihre Resultate ausser Acht gelassen. Die Schweizer Belegärztinnen und Belegärzte unterstützen sinnvolle Massnahmen mit Sparpotential wie die Pauschalen im stationären Bereich, «Ambulant vor Stationär» und EFAS. Sie setzen sich für die Gewährleistung einer qualitativ hochstehenden, zugänglichen und effizienten Medizin ein, wehren sich aber gegen staatlich gesteuerte Eingriffe wie Zulassungsbeschränkungen für Ärzte sowie Vorgaben bezüglich der Fallzahlen und die Indikationsqualität, die keinen Spareffekt zur Folge haben und sich zum Nachteil der Patientinnen und Patienten auswirken.
pm