Die Schweizerische Belegärzte-Vereinigung (SBV) nimmt die Ausführungen des Bunderates vom 19. Juni 2024 und die teilweise Genehmigung der Tarifwerke zur Kenntnis. Die Tarife müssen laut Art. 43 Abs. 4 sachgerecht und betriebswirtschaftlich bemessen sein. Die Verordnung zum KVG sieht in Art. 59c Abs. 1 lit. c vor, dass ein Wechsel des Tarifmodells keine Mehrkosten zur Folge haben darf. Diese dort statuierte Kostenneutralität entbehrt einer gesetzlichen Grundlage und steht im Widerspruch zu den Vorgaben des Gesetzes bezüglich der Sachgerechtigkeit und der Wirtschaftlichkeit. Es wird eine Herausforderung sein, die Kostenneutralität mit zwei neuen Tarifmodellen sicherzustellen. Da bei den Pauschalen einzelne Kapitel nicht und weitere Kapitel nur teilweise genehmigt worden sind, kann zum heutigen Zeitpunkt keine seriöse Prognose betreffend die Kostenneutralität und die Normierungsfaktoren gemacht werden. Die SBV ist somit nicht in der Lage, eine Einschätzung der Sachgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit vorzunehmen und wartet, bis die Kostenneutralitätskonzepte bereinigt sind.
Die SBV zeigt sich aber enttäuscht, dass die Vorbehalte betreffend Transparenz vom Bundesrat nicht gehört worden sind. Zwar verpflichtet der Bundesrat die Tarifpartner in der Ziff. 2.3.5.2 des Entscheids, die Jahresarbeitszeit und das Referenzeinkommen bei TARDOC zu evaluieren. Beim Pauschaltarif fehlt jede Vorgabe zum Arzteinkommen. Der Datenspiegel der Pauschalen verfügt nicht über die nötige Granularität, um die Arztanteile auszuweisen. Es ist für die SBV nicht nachvollziehbar, weshalb der Bundesrat bei der Genehmigung ungleiche Massstäbe an den Tag legt. Die SBV fordert die Tarifpartner dazu auf, die Kostendaten so zu erheben, dass die alle Arztanteile ausgewiesen sind. Hier ist insbesondere H+ gefordert. Die Belegärzte sind in ihren Honorarverhandlungen – anders als angestellte Ärzte der öffentlichen Spitäler – keinen kantonalen Lohnklassen unterstellt. Die Spitäler kennen ihre Kostenstrukturen jeweils und haben dadurch einen Wissensvorsprung in Verhandlungen. Ein brauchbarer Datenspiegel beseitigt ihn und macht den Weg frei für faire Verhandlungen.
Die SBV geht aufgrund der Kostenneutralität davon aus, dass die Tarife – egal ob TARDOC oder Pauschalen – nicht kostendeckend sein werden: Es braucht wenig mathematisches Verständnis, um nachvollziehen zu können, dass es bei Wahrung der Kostenneutralität unmöglich ist, eine Unterdeckung von bis zu 30 % im spitalambulanten Bereich zu beheben und gleichzeitig eine Besserstellung der Grundversorgung zu erreichen. Die SBV möchte deshalb von Kostenträgerseite, Politik und Verwaltung wissen, wie mit der Tatsache umgegangen wird, dass die Tarife nach wie vor nicht kostendeckend sind. Wird erwartet, dass die Leistungserbringer auf einen Teil ihres Einkommens, das als Referenzeinkommen vorgesehen wäre, verzichten?