Spitalreport NZZ am Sonntag: 17.10.2020, 24.10.2020, 31.10.2020
Der dreiteilige Report will aufzeigen, wie sich Kaderärzte an Unikliniken aus Zusatzhonoraren für die Behandlung von Privatversicherten und mit Geldern aus Forschung und Nebenverdiensten eine zentrale Machtposition verschaffen sollen, die Mitsprache von Mitarbeitern ausschalten und ihre Stellung gegenüber Spitalleitungen und Aufsichtsorganen unangefochten behaupten könnten. In einem solchen Umfeld, das auf die Gewinnmaximierung fokussiert sei, drohe der Patient aus dem Blickfeld zu geraten.
Auch im Bereich der Weiterbildung stelle die Zentralisierung auf wenige Weiterbildungsstätten und Ausbildende eine Problematik dar: Die Weiterbildung ist für das Erreichen eines Facharzttitels obligatorisch. Assistenzärztinnen und -ärzte seien aber abhängig von den Chefärzten, denn als Vorgesetzte könnten diese Nachwuchskarrieren steuern. Aus Angst vor Repressionen hüteten sich somit junge Mediziner, die eigenmächtigen Regelungen und Manipulationen von Kaderärzten zu kritisieren.
Es wird in den oben genannten Berichten immer wieder betont, es seien Einzelfälle, die aber aufgrund der zentralen Strukturen systemisch verankert sind. Diese Behauptung hat unseres Erachtens durchaus einen wahren Kern. Es ist deshalb wichtig, dass es im Gesundheitswesen auch dezentrale Strukturen gibt. Eine Machtkonzentration auf wenige Institutionen oder sogar einzelne Personen erschweren einerseits den Zugang zur medizinischen Versorgung und führen so zu einer Qualitätseinbusse.
Demgegenüber zeigt sich der Vorteil des Belegarztsystems: Belegärzte sind als privatwirtschaftlich tätige Spezialisten unabhängig von zentralistischen Spitalorganisationen und in erster Linie dem Wohl des Patienten verpflichtet und nicht der Beziehung zu einer Krankenkasse oder der Zielvereinbarung mit einem Spital.