Zum Artikel von Robert Nef, Finanz und Wirtschaft, 18. Juli 2020
Der Artikel von Robert Nef, Stiftungsratsmitglied des Liberalen Instituts Zürich gibt einen ausgezeichneten Überblick über das schweizerische Gesundheitswesen, auch in historischer Hinsicht.
Die SBV kann seinen Überlegungen hundertprozentig beipflichten:
Aus aktuellem Anlass der Corona-Pandemie folgert R. Nef, dass die Restbestände eines auf privatärztlich basierten, noch nicht komplett verstaatlichten Gesundheitssystems während des Lockdowns bewirkt haben, dass die Zuhause Bleibenden nicht vollständig von der medizinischen Versorgung abgeschnitten waren.
Das Krankenversicherungsobligatorium lässt immer noch die Wahl zwischen allgemeiner, halbprivater oder privater Deckung der Leistungen, der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen ist jedoch minim, denn der Katalog der Pflichtleistungen ist so umfassend, dass sich die Prämien zwischen den Versicherern wenig unterscheiden.
Für den freien Markt und für verschiedene Risikomodelle gibt es kaum Spielraum, sind doch die Versicherer verpflichtet, sich mit den Spitälern vertraglich zu binden. Somit kann unser Gesundheitswesen doch als vorwiegend staatlich charakterisiert werden.
Die gesellschaftliche Entwicklung hat dazu geführt, dass ein Grossteil von Patienten, die an staatliche Systeme gewöhnt sind und das Hausarztsystem nicht kennen, mit einer Anspruchshaltung an eine staatlich finanzierte Behandlung bei Krankheit stets die Notfallstationen von Spitälern aufsuchen und überbelasten. Die Konsultation von Ärztinnen und Ärzten, die ihre Patienten kennen und individuell auf sie eingehen können, kommt zu kurz.
Auch R. Nef ist der Meinung, dass eine Kostenbremse eher mit einer Gesundheitspolitik erreicht würde, die auf Angebot und Nachfrage reagiert sowie die private- und öffentliche Versorgung vernetzt.
Es sei nicht grundsätzlich Sache des Staates, für die Grundversorgung der Bevölkerung aufzukommen, sondern des eigenverantwortlichen Menschen. Sicher muss zwar die Gesundheitsversorgung der 10% der unterversicherten Mitglieder der Gesellschaft von der Allgemeinheit sichergestellt werden, dies dürfe aber nicht als Argument für eine verstaatlichte Gesundheitspolitik dienen und zur Staatsabhängigkeit führen. Das Verständnis des Gesundheitswesens als Service public hätte die Folge, dass sich die Menschen für ihre Gesundheit nicht mehr persönlich verantwortlich fühlen.
Die Erfahrungen sozialistischer Länder zeigen, dass kollektivistische Gesundheitssysteme zu Rationierungen der Leistungen, also zu Wartelisten, Triage und zu Qualitätseinbussen führen. Das Motto «Alles für alle und auf Kosten aller» ist nicht finanzierbar und die Nichtbeachtung individueller Bedürfnisse würde zu einem nicht verlangten Überangebot verleiten. R. Nef zieht sein Fazit aus dem weltweiten Vergleich verschiedener verstaatlichter Gesundheitswesen.