Ein neuer Post des Medinside-Portals äussert sich zu den Gründen der Überversorgung.
Erfreulicherweise werden darin nicht einfach nur die Ärzte als Verursacher des Phänomens abgestempelt, sondern vielerlei Faktoren als Gründe analysiert, bzw. auch die Patienten ins Gewissen gerufen.
Diese fordern selber viele Leistungen und Diagnostik ein – sei’s von Ängsten, Ungeduld und Kontrollbedürfnis getrieben oder weil sie durch das grosse Angebot medizinischer und technologischer Leistungen dazu verleitet werden. Die Berichterstattung in den Medien, die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens tun das ihre, um die Nachfrage nach medizinischer Versorgung zu steigern.
Auf der anderen Seite die Ärzte, die aus Zeit- oder finanziellem Druck und um negative Beurteilungen zu vermeiden, den Patientenwünschen nachgeben und lieber aktiv handeln als dem Patienten Ungewissheit zumuten.
Als mögliche Gründe für die Überversorgung durch die Leistungserbringer wird auch angeführt, dass Fallpauschalen und Globalbudgets die ärztliche Autonomie und das Vertrauen in die Indikationsqualität untergraben und damit die Gegenreaktion der desavouierten Ärzte provozieren.
Soweit sind alle Akteure in die Verantwortung genommen, aber, was der Artikel ganz ausser Acht lässt, ist die Haftungsfrage für den Arzt:
Dieser handelt zwar nicht primär, um eine vertragliche Schuld zu erfüllen, sondern um, in Ausübung seiner beruflichen und ethischen Pflicht, den Kranken zu helfen. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses ist der Arzt indessen an die Sorgfalts- und Aufklärungspflicht gebunden und haftet für Behandlungsfehler. Aus dieser Perspektive wird verständlich, dass ein Arzt einen Eingriff lieber früher als zu spät vornimmt, weil er sich sonst dem Risiko einer juristischen Auseinandersetzung aussetzt.
Somit wirkt sich auch die Rechtsunsicherheit bezüglich der Haftung des Arztes auf die medizinische Überversorgung aus und müsste im Massnahmenkatalog zur Reduktion des Missstands mit berücksichtigt werden.