Stellungnahme der Schweizerischen Belegärzte-Vereinigung (SBV) über die Zentralisierung der Spitäler, im Hinblick auf den Medinside-Artikel vom 02. Mai 2022.
Die Schweizerische Belegärzte-Vereinigung (SBV) sieht die Zentralisierung der Spitäler aus mehreren Gründen kritisch und teilt die Befürchtungen der Kritiker, die vor einer Verstaatlichung und einer Zweiklassen-Medizin warnen.
Die SBV möchte den Medinside-Artikel als Anstoss nehmen, ihre Ansicht über die Zentralisierung der Leistungsaufträge darzulegen. Dies gilt für Zentralisierungsbestrebungen innerhalb eines Kantons, als auch für die Schliessung von kleinen Kantonsspitälern unter dem Vorwand mangelnder Skalenerträge.
Kleine Spitäler sind in für die Versorgungssicherheit der jeweiligen Kantonsbevölkerung essenziell, insbesondere im Hinblick auf die Pflicht der Kantone, die Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Verliert ein Kanton ein Spital aufgrund der Zentralisierung, wird somit auch ein wichtiger Faktor der Standortattraktivität genommen und verursacht einen Wettbewerbsnachteil. Dem kommt hinzu, dass Spitäler und Kliniken wichtige Arbeitgeber in ihrer Region sind und eine Spitalschliessung zur Abwanderung des Personals führen wird. Sehr oft wird dadurch auch ein austariertes Konzept für den Notfalldienst gefährdet, da das Spital als Backup fehlt und Praxen es so schwer haben, einen Nachfolger zu finden.
Eine stichfeste Rechtfertigung der Zentralisierung fehlt zudem, denn was für die Ablehnung der Einheitskasse gilt, ist auch auf die Spitäler übertragbar: Durch die Zentralisierung wird der Wettbewerb im Gesundheitswesen massiv eingeschränkt. Sämtliche Bemühungen der Qualitätssteigerung, beispielsweise durch die 2012 eingeführte SwissDRG, werden sukzessive durch die Oligopolstellung der «Zentralspitäler» abgeschwächt.
Nicht einmal das Argument der Kostenersparnis ist schlüssig, denn trotz der unterdurchschnittlichen Anzahl privater Spitäler im Kanton Waadt, haben nur 5 andere Kantone höhere Durchschnittsprämien als das Waadtland.
Der Aufbau überdimensionaler «Zentralspitäler» ist kein Garant der Kostensenkung, da für Spitäler dieselben negativen Skaleneffekte und Komplexitätskosten auftreten können wie für grosse Unternehmen anderer Sektoren. Wie die SAEZ 2014 schon berichtete, sind die optimalen Skaleneffekte für Spitäler bereits bei 100 bis 200 Betten erreicht.
Die Diskussion um die Zentralisierung der Spitäler ist, wie das Globalbudget, keine Lösung zur Verhinderung steigender Gesundheitskosten. Stattdessen wirkt es wie ein Versuch, die Verantwortung auf die Leistungserbringer abzuschieben und nicht an tatsächlichen Lösungen arbeiten zu müssen.