Der Bundesrat hat am 23. Juni 2021 neue Zulassungskriterien für Ärztinnen und Ärzte verabschiedet sowie eine Vereinheitlichung bei der Spitalplanung entschieden.
Gemäss der im Jahr 2020 vom Parlament verabschiedeten Lösung können die Kantone bestimmen, ob sie für die medizinischen Fachgebiete oder für bestimmte Regionen die Anzahl der Leistungserbringer beschränken wollen. Die am 23.06.2021 verabschiedete Regelung sieht nun vor, dass diese Höchstzahlen aufgrund des regionalen Versorgungsgrades festgelegt werden.
Die Kantone sind in Zukunft für die Zulassung sämtlicher Leistungserbringer im ambulanten Bereich zuständig. Die revidierte Verordnung über die Krankenversicherung KVV erhöht die Qualitätsanforderungen an die Ärztinnen und Ärzte, die zulasten der OKP abrechnen:
- Sie müssen mindestens drei Jahre lang an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte im beantragten Fachgebiet gearbeitet haben.
- Sie sind verpflichtet, sich dem elektronischen Patientendossier EPD anzuschliessen und
- sollen über die notwendigen Sprachkenntnisse ihrer Tätigkeitsregion verfügen.
Die Qualität der medizinischen Behandlung sicherzustellen, ist zweifellos ein wichtiger und ständiger Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit und sollte dies auch während der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Ärztinnen und Ärzte sein. Aus Sicht der SBV darf sie jedoch nicht als Steuerungselement für die Zulassung missbraucht werden.
Überraschend ist die Verpflichtung zum Anschluss an das EPD: Im systemischen Sinn gut gemeint, aber offenbar in Unkenntnis darüber, dass die Probleme um das EPD noch ungelöst sind (siehe auch den SBV-Beitrag vom 06.05.2021): Neben der Inkompatibilität mit bestehenden Computersystemen von Arztpraxen, umständlichem Zugriff und weiteren technischen Unzulänglichkeiten bedeutet das EPD zur Zeit noch mehr Aufwand als Nutzen, es entspricht also nicht den WZW-Kriterien. Vor allem aber steht die Frage offen, wer die Kosten für den EPD-Aufwand tragen soll.
Aus diesen Gründen ist der EPD-Anschluss als Zulassungskriterium nicht geeignet. Hingegen wird jede Leistungserbringerin und jeder Leistungserbringer von sich aus auf das EPD setzen, sobald dessen Nutzen und Anreize stichhaltig sind.
Der Bundesrat hat in seinem Entscheid auch die Kriterien für die Planung der Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime durch die Kantone vereinheitlicht, was eine bessere Koordination der Planungen unter den Kantonen bewirken soll. Das heisst konkret, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Spitäler zukünftig schweizweit erfolgt und die Qualitätskriterien genauer definiert werden. Listenspitäler dürfen keine mengenbezogenen Entschädigungen ausrichten, ein Anreiz zur Mengenausweitung soll so vermieden werden.
Dass damit die Kantonsautonomie eingeschränkt wird, hat Vor- und Nachteile: Einerseits wird das Problem der Mehrfachrolle der Kantone leicht entschärft. Andererseits werden die Kantone nun in ihrer Kompetenz, die Gesundheitsversorgung sicherzustellen, eingeschränkt, sie müssen aber für deren Umsetzung und Wirtschaftlichkeit trotzdem geradestehen. Eine solch unausgewogene Verschiebung von Kompetenz und Verantwortung ist aber heikel. Sie kann dazu führen, dass den Kantonen weniger Spielraum für Verhandlungen mit den Tarifpartnern bleibt.
Ausserdem durchbricht der Bundesrat mit dieser Verschiebung der Zuständigkeit von den Kantonen hin zum Bund seine subsidiäre Rolle in der Gesundheitspolitik.